Seltsam gurgelnde Laute dringen aus einem Seminarraum. Es klingt, als versuche jemand unter Bedrohung seines Lebens, etwas zu sagen. Das verständliche Artikulieren scheint jedoch nicht zu gelingen. Immer wieder beginnt das unheimliche Treiben, der heimliche Zuhörer bleibt neugierig stehen. „Danke, das genügt, nimm jetzt den Korken wieder aus dem Mund“, ertönt plötzlich eine laute, klare Stimme. Ein kurzer Blick auf das Schild neben der Tür verschafft Klarheit: Hier wird Sprechen trainiert!

In meinen Anfängen als Trainer war der Korken mein ständiger Begleiter. Mittlerweile nutze ich wirkungsvolle Alternativen.

Weshalb mich die „Sache mit dem Korken“ lange genervt hat

Wenn ich mich vor 25 Jahren als Stimmtrainer vorgestellt habe, damals in meinen Anfängen als Trainer, kam oft reflexartig die Frage: „Ist das dieses Sprechtraining mit dem Korken im Mund?“ Ganz offensichtlich stellten sich damals, und stellen sich noch heute viele Menschen ein Stimmtraining oder Stimmcoaching genau so vor: Eigenartige Artikulationsübungen wiederholen, Zungenbrecher üben und „Korkensprechen“.

Was unausgesprochen mitschwang, war die Frage: „Verbringen meine Mitarbeiter in Ihren Seminaren die Zeit auch mit einem Weinkorken im Mund? Erschöpft sich Ihr Repertoire im Wiederholen von Übungen aus dem Schauspielertraining?“

Deshalb Korken ade?

Kennst Du das, wenn Dein wunderbar komplexes Thema in drei Sekunden zu einer banalen Übung degradiert wird? Ich habe es gehasst. Und die Übung mit dem Korken jahrelang aus meinem Repertoire verbannt.

Doch die Jahre machen milde, und so kam beim Podcast-Aufnehmen mit Andreas Giermaier vor einigen Tagen die Rede auf diese wohl bekannteste Stimm- und Artikulationsübung.

Was versteht man unter Korkensprechen?

Erfunden hat’s der alte Demosthenes, so die Überlieferung, der antike griechische Meisterredner. Ihm sei es gelungen, sein notorisches Nuscheln und seine schwache Stimme zu kurieren, indem er am Meeresufer stehend – mit Kieselsteinen im Mund laut sprechend gegen die heranrollenden Wogen ankämpfte. Er fand dadurch zu glänzender Aussprache und entwickelte sich vom leisen nuschelnden Sprecher zum überzeugenden Redner. Und stieg schlussendlich um 346 v. Chr. zum führenden Staatsmann Athens auf.

Das Beispiel machte Schule. Die Kieselsteine oder Murmeln, die der eine oder andere vielleicht noch aus dem Film „Kings Speech“ in Erinnerung hat, kamen aus der Mode und wurden durch Wein- oder Sektkorken ersetzt, das schont den Zahnschmelz.
Heerscharen von Stimm- und Sprechtrainern haben seither eine Auswahl an Korken im Köfferchen. Und ihren Spaß, wenn zehn Teilnehmer gleichzeitig mit heftigen Grimassen versuchen, „Abraham saß nah am Abhang“ deutlich und klar zu artikulieren, einen dicken Sektstoppel eingeklemmt zwischen den Zähnen.

Was genau bewirkt Korkensprechen?

Wer undeutlich spricht, nuschelt und auf die Konsonanten vergisst, beleidigt das Ohr seiner Zuhörer. Anstatt selbst präziser zu artikulieren, wird den anderen die Mühe des Verstehens aufgebürdet. Was die nicht lange durchhalten, und schnell auf Durchzug schalten.

Rein körperlich gesehen, sind für gutes Artikulieren einige wenige Muskeln zuständig: Zunge, Lippen, Wangen und Kaumuskel. Vielleicht ist dir bewusst, dass Muskeln im Alltag aus Energiespargründen dazu tendieren, ihren Bewegungsradius klein zu halten. Dadurch verkürzen Sie mit der Zeit.

Wie funktioniert Korkensprechen:

Ein wesentlicher Zweck jedes Artikulationstrainings ist es, die Sprechmuskeln wieder zu dehnen und damit fit zu halten. Eine Vielzahl lustiger Aufwärmübungen ist dazu bestens geeignet:

  • Grimassen ziehen: Mit viel Fantasie eine Reihe verrückte Gesichter schneiden
  • Zungenkreisen: Mit geschlossenem Mund mit der Zungenspitze die Zahnreihen innen und außen erforschen
  • Zunge dehnen: Zunge weit herausstrecken und in alle Richtungen zeigen
  • Schnäuzchen und Schmollmund: Lippen eng und weit ziehen
  • Korkensprechen: Aktiviert Wangen, Zunge und Lippen und dehnt den Kaumuskel

Kannst Du mit Artikulationsübungen zum guten Redner werden? Natürlich nicht. Aber klare Aussprache und deutliche Artikulation sind schon mal ein wichtiger Beginn.

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Herzlich Dein

Arno Fischbacher

 


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Der Autor:

Arno Fischbacher ist Business-Stimmcoach und Rhetorik-Experte, Redner und Autor. Er bereitet Führungskräfte und Mitarbeiter der Top-Unternehmen in Deutschland und Österreich auf Verhandlungen, Präsentationen und Medienauftritte vor. Fischbacher ist Autor mehrerer Bücher, Past-Präsident der German Speakers Association (GSA) Österreich, Vorstand des Europäischen Netzwerks der Stimmexperten, stimme.at.

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