Von Gesine Engelage-Meyer und Sonja Hanau

Die wenigsten Meetings sind produktiv. Und doch verbringen wir einen Großteil unserer Arbeitszeit mit ihnen. Mal eben einzustellende Online-Meetings haben das Phänomen „Meeting-Marathon“ noch verschärft. Sonja Hanau, Expertin für gute Meetingkultur, erläutert den sich selbst erhaltenden Meetingkreislauf und schlägt einfache Wege vor, um ihn endlich zu durchbrechen.

„Ich komme vor lauter Meetings gar nicht mehr zum Arbeiten“. Viele Meetings zu haben führt in der Regel dazu, dass die Beteiligten – wie es  so schön heißt – den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen. Oder anders ausgedrückt: vor lauter Terminen nicht mehr im Blick haben, was wirklich wichtig ist.

Der sich selbst erhaltende Meetingkreislauf

Ein paradoxer Mechanismus scheint hier zu greifen. Da die vielen Meetings so viel Zeit kosten, bleibt keine Zeit, um sie produktiv zu gestalten.  „Ich habe wegen der vielen Meetings nicht auch noch Zeit, die Meetings vorzubereiten. Machen wir also einfach noch ein Meeting.“

Ein Meeting nur zu haben und es nicht vorzubereiten, spart nur auf den ersten Blick Zeit.

Im Meeting selbst führt es unweigerlich zu Ziellosigkeit, einseitigen Monologen, unnötigen Detaildiskussionen und überflüssiger Teilnahme…. Also zu all den Punkten, die Meetings zu ihrem schlechten Ruf verhelfen.

⇒ Wie Sie Vielredner elegant und effektiv unterbrechen, lesen Sie hier.

Die Bearbeitung kann nicht abgeschlossen werden. Nicht, weil zu wenig Zeit war, sondern weil die Zeit nicht effektiv genutzt wurde. Und was passiert, wenn ein Thema noch nicht abgeschlossen wird? Dann muss ein Folgemeeting her.

Schluss mit dem Meeting-Marathon

Der erste Schritt zur Lösung besteht darin, sich bewusst des Themas anzunehmen und mit den eigenen Meetings zu beginnen. Im zweiten Schritt sind dann die Meetings an der Reihe, in denen ich nur Teilnehmende:r bin.

Zwei Voraussetzungen, um weniger und gleichzeitig bessere Meetings zu haben

Weniger und dafür bessere Meetings kann ich erreichen, indem ich zwei Dinge tue:

  1. Mir klar machen, WAS ich erreichen möchte.
  2. Mir überlegen, WIE ich es erreichen kann.

Zu wissen, was ich erreichen will, ist die Grundvoraussetzung, um zum Ziel zu gelangen. Schon Seneca hat gesagt „Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige.“ Und trotzdem haben die wenigstens Meetings ein klares Ziel. Ein Ziel, das seinen  Namen verdient.

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Das Ziel eines Meetings nicht nur klar zu benennen, sondern vorweg auch zu überlegen, wie es konkret erreicht werden kann, ist für viele ungewohnt. An welchen konkreten Fragen sollen gemeinsam gearbeitet werden? Wie kommt möglichst jede:r zu Wort und wie lassen sich die verschiedenen Ideen in einem überschaubaren Zeitrahmen zu einer Lösung zusammen führen?

Der Meeting-Kreislauf

Die meisten Meetings laufen eher unstrukturiert und zufällig ab. Der eine Kollege redet über dieses Thema, die anderen Kollegin greift eine der vielen Facetten auf und bevor es zum eigentlichen Thema geht,  ist die angesetzte Stunde schon wieder um.

Im Meeting-Alltag noch viel zu selten anzutreffen sind moderierte Meetings, in denen sich jemand im Vorfeld Gedanken gemacht hat, wie das Meeting ablaufen kann, um das gesteckte Ziel zu erreichen. Jemand, der im Meeting die Verantwortung übernimmt, immer wieder auf dieses Ziel zu fokussieren. Auch auf die Gefahr hin, dass sich diese Rolle unbeliebt macht.

⇒ Wie Sie im Meeting mühelos zu Wort kommen, lesen Sie hier.

Wie soll diese zusätzliche Verantwortung auch übernommen werden, wenn der Kalender eh schon voll ist?

1. Ein Meeting mit mir selbst schafft Raum für bessere Meeting mit anderen

Eine kleine, aber wirkungsvolle Möglichkeit besteht darin, sich ein Meeting mit sich selbst einzustellen. Um das nächste eigene Meeting zu planen. Und um das Ziel klar zu definieren sowie den Weg dahin zu gestalten.

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2. Meetings der anderen mutig hinterfragen

Jetzt sind bekanntlich nicht alle Meetings selbsteingestellt. Es flattern auch regelmäßig Einladungen zu Meetings von anderen in die Mailbox. Das sind oftmals Meetings, deren Titel unverständlich ist und bei denen unklar ist, warum ich überhaupt eingeladen wurde. Den Mut zu haben, von anderen Klarheit darüber einzufordern, worum es im Meeting geht und warum ich dabei sein soll, führt in der Regel dazu, dass die Qualität der Meetings zunimmt. Denn der Einladende ist durch diese Rückfragen gezwungen, sich selbst klarer zu werden, was er erreichen möchte. Und erledigt dadurch schon mal eine minimale Vorbereitung, die dem nächsten Meeting mehr Fokus beschert.

⇒ Weshalb Sie manchmal unbewusst Menschen zu Objekten degradieren, wenn Sie sprechen, lesen Sie hier. 

Steigern lässt sich der positive Effekt noch durch strikte Absage von Terminen, aus deren Einladung das Ziel nicht ersichtlich ist.

3. Zeit schaffen zum Optimieren von Meetings

Eine wichtige Voraussetzung für weniger und dafür bessere Meetings: Der Kalender braucht Platz zum Atmen. Zum Vorbereiten. Um produktive Gedanken reifen zu lassen. Eigene Denkzeit zu priorisieren ist sehr wirksam und gleichzeitig anspruchsvoll. Unternehmen können ihre Mitarbeitenden dabei unterstützen, in dem sie einen kollektiven meetingfreien Tag einführen.

⇒ Warum Online-Meetings so oft scheitern – und wie es besser geht, lesen Sie hier.

4. Einen Tag die Woche gibt es meetingfrei

Durch einen unternehmensweiten meetingfreien Tag muss sich nicht mehr jede:r auf eigene Faust mühsam kleine Freiräume in seinem Kalender schaffen. Sie sind einfach da.

Ein meetingfreier Tag ist die Chance, den Kreislauf viel zu vieler Meetings zu durchbrechen. Und zwar nicht nur für den einzelnen, sondern für alle.

Die neue Regel wird etwas bewirken

Egal, ob allen Mitarbeitenden die Regel gefällt oder nicht – sie wird etwas bewirken. Menschen werden anfangen, über Meetings zu sprechen. Nachzudenken. Routinen zu hinterfragen. Und das führt fast zwangsläufig zu Veränderung.

Und zwar zu einer Veränderung, mit der sich viele schnell anfreunden werden.

Es führt zu weniger und dafür einfach guten Meetings.


Die Autorin

Sonja Hanau tut alles dafür, damit es weniger und dafür bessere Meetings gibt. Seit mehr als zehn Jahren sorgt die Wirtschaftsinformatikerin dafür, mithilfe von passender Technik und guten Strukturen einen Rahmen zu schaffen, in dem Menschen ihre Potenziale entfalten und ihre Ziele erreichen. Sie begleitet Unternehmen bei der Entwicklung einer neuen Meeting- und Zusammenarbeitskultur. In ihren Vorträgen und Workshops verbindet sie Moderations- und Technikkompetenz mit Leichtigkeit und Humor. Sie lebt mit ihrer Familie bei Frankfurt.

www.meetingschmiede.de


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