Sind Sie in Ihrem Beruf auch täglich mit vielen Menschen konfrontiert? Dann kennen Sie vielleicht auch diese speziellen Momente, in denen Sie denken „Ach, ich setze einfach mal mein freundliches Gesicht auf!“. Dann geben Sie sich kontaktfreudig, obwohl Sie in Wahrheit viel lieber einen Moment der Ruhe hätten. Und schon ist es wieder soweit: der nächste Kunde oder Mitarbeiter spricht Sie an. Sie ergeben sich in Ihr Schicksal, ziehen die Mundwinkel nach oben und geben Ihrer Stimme diesen speziellen fröhlichen Klang. Jetzt scheint es, als wären Sie der freundlichste Mensch auf Erden, der nur darauf gewartet hat, angesprochen zu werden. Tatsächlich?
Ich rate Ihnen zur Vorsicht: Ihre Stimme verrät Sie. Auch wenn Sie es scheinbar noch so gekonnt überspielen, Ihre Stimme macht hörbar, wie es gerade um Ihr Innerstes steht. Und schon schleicht sich unbewusst ein erster Misston in die Unterhaltung und stört letztlich das Ergebnis.
Doch kann es gelingen, im stressigen Berufsalltag immer wieder jedem Menschen gegenüber wahrhaft offen und freundlich zu sein? Lesen Sie vier Praxistipps, wie Sie mühelos immer wieder wahrhaften, authentischen Kontakt aufbauen – ohne sich innerlich zu verbiegen.
1. Erlernen Sie situationsbezogene Selbstempathie:
Trainieren Sie als ersten Schritt aktiv, Ihre Gefühle frühzeitig wahrzunehmen.
• Fragen Sie sich zwischendurch, ohne speziellen äußeren Anlass: Wie fühle ich mich gerade? Was empfinde ich?
• Erweitern Sie systematisch den Wortschatz für Ihre Gefühle.
• Erleben Sie im Alltag nur die besonders starken Gefühle bewusst, zum Beispiel wütend, zornig, traurig, unsicher, nervös oder erheitert, freudig etc.?
• Oder sind da immer wieder auch: Unruhe, Missmut, Getriebensein, Unzufriedenheit und ähnliches?
2. Sensibilisieren Sie sich für den Gefühlsausdruck der Stimme
Beginnen Sie damit, auf die Stimmen anderer zu achten, bevor Sie sich Ihrer eigenen Stimme zuwenden. Das fällt leichter und kann ein unterhaltsames Übungsfeld sein.
• Wie klingt diese Stimme gerade?
• Welche Gefühle und Befindlichkeiten hören Sie heraus?
• Erleben Sie Gesprächsinhalt und Tonalität im Einklang?
Achtung: Üben Sie nur in belangslosen Gesprächen. Denn das Gehirn fokussiert im Alltag beim Zuhören sofort auf den Sprachinhalt, den Sinn. Sobald Sie bewusst für einige Sekunden lauschen, wie die Stimme klingt und welche Stimmungen sie Ihnen verrät, verlieren Sie leicht den inhaltlichen Faden.
Nach diesen Vorübungen widmen Sie sich nun dem eigenen Ausdruck. Sie wissen vielleicht bereits aus eigener Erfahrung, dass die Stimme immer nur das authentisch ausdrücken kann, was im Menschen da ist. Das künstliche Lächeln am Telefon wird deshalb so rasch als das erkannt, was es ist: ein Manipulationsversuch.
3. Die Technik des „Inneren Lächelns“
Diese Anleihe an einer alten taoistischen Technik kann Ihnen im Geschäftsleben sehr gute Dienste erweisen. Als besonders nützlich erweist sich diese fernöstliche Mentaltechnik:
• als kurzer Moment der Einstimmung, bevor Sie einen Raum betreten und die Anwesenden begrüßen
• kurz bevor Sie das Telefon abheben
• vor Ihrer Wortmeldung bei einem Meeting
Folgende kleine Übungsschritte versetzen Sie in kürzester Zeit in die Lage, Ihre Stimmung und Ihren Gemütszustand bewusst aufzuhellen – was immer auch um Sie herum gerade geschieht. Sie werden so unabhängig von der guten Laune anderer.
Achten Sie darauf, dass Sie ungestört sind und lassen Sie Ihre Arbeit für ein paar Sekunden ruhen. Spüren Sie bewusst nach, wie Sie gerade sitzen oder stehen und richten Sie Ihren Blick nach innen.
• Spüren Sie in sich hinein und lassen Sie in Ihrer Mitte (für die meisten Menschen ist das der Bauch oder die Magengegend) ein angenehmes, rundes, warmes, volles, zufriedenes Gefühl entstehen. Vielleicht bemerken Sie als Reaktion darauf, wie sich Ihr Atem verändert oder sich Ihre Wirbelsäule aufrichtet.
• Verwandeln Sie dieses gute Gefühl bewusst in ein immer breiter werdendes inneres Lächeln.
• Lassen Sie dieses innere Lächeln langsam nach oben aufsteigen.
Vielleicht registrieren Sie, dass dieses gute Gefühl Sie nun ganz einnimmt und erfüllt. Überprüfen Sie:
• In welcher Weise hat sich Ihr Gesichtsausdruck verändert?
• Wie nehmen Sie nach dieser Übung die Welt um Sie herum wahr?
• Wie klingt Ihre Stimme, wenn Sie nun sprechen?
4. Das Gedankenquiz
Gehören Sie zufällig auch zu jenen Menschen, die im Restaurant oder Café gern still andere Menschen beobachten? Dann ist die folgende Übung wie maßgeschneidert für Sie, denn sie baut auf eine der grundlegenden und oft geschmähten menschlichen Eigenschaft: der Neugier. Das „Gedankenquiz“ lässt Sie – speziell, wenn Sie täglich mit vielen Kunden konfrontiert sind – immer wieder aufs Neue freundlich und interessiert wirken und schafft in Sekundenbruchteilen entspannten Kontakt.
Angenommen, die Tür öffnet sich und ein neuer Kunde kommt auf Sie zu. Genießen Sie den ersten Eindruck, den Sie wahrnehmen und beginnen Sie nun Ihr kleines „Gedankenquiz“. Fragen Sie sich selbst eine der folgenden Fragen und erwarten Sie neugierig im Verlauf des Gesprächs subtile Hinweise auf eine Antwort:
• Woher kommt Ihr Gesprächspartner gerade?
• Waren die Momente vor dem Eintreten für Ihren neuen Gesprächspartner angenehm oder unangenehm?
• Was denkt diese Frau, dieser Mann gerade in diesem Moment?
• Wann ist er oder sie wohl heute aufgestanden?
• Welche Farbe hat vermutlich sein oder ihr Auto?
• usw.
Achten Sie dabei ab und zu darauf, was sich an Ihrer inneren Haltung Ihrem neuen Gesprächspartner gegenüber verändert. Was ändert das Gedankenquiz an Ihrer Stimmung? Was zeigt Ihr Gesichtsausdruck?
Die Stimme ist der sensibelste Indikator für innere Regungen. Das Klangspektrum Ihrer Stimme signalisiert machtvoll, aber unbewusst, welche Einstellung Sie zu Ihrem Gegenüber haben:
• Klingen Sie geschäftig, aber unverbindlich? Dann legen Sie eine nicht besonders motivierende Rolle für Ihren Gesprächspartner fest, reduzieren ihn auf seine Funktion als Umsatzbringer, als Kästchen im Organigramm oder gar als Verursacher von neuem Arbeitsaufwand.
• Klingen Sie offen, neugierig, persönlich? Lässt Ihre Stimme jene warmen, vollen Töne hören, die im Fachjargon als „Eigenton Ihrer Stimme“ bezeichnet werden?
Ich gratuliere. Dann steht einem persönlichen, gehaltvollen Gespräch nichts mehr im Weg.
danke, toller beitrag. echtheit gewinnt letztlich immer.
… das kann ich bestätigen.
Eben habe ich das Gegenteil erlebt mit einem Bankvorstand. Obwohl wir uns lose kennen, war er total stinkig, abweisend, genervt.
Die Bank will im Außenauftritt als Innovativ gelten. Die Stimme sagte mir etwas anderes. Nicht zugehört, Gespräch ruppig unterbrochen und schnell beantwortet.
Klasse Tipps. Sofort umsetzbar. Danke!
augen zu , mitte spüren und einfach aus dem tiefsten inneren lächeln! Super
Hab mir die Seiten ausgedruckt und freu mich auf eine ruhige Stunde, wo ich mit intensiv damit beschäftigen werde;
gespielt wird immer aufgedeckt, natürlichkeit siegt
Danke lieber Arno für die hilfreichen Tipps! 🙂
Wie oft ertappe ich mich dabei, dass ich versuche mich zu verbiegen -.-
das wird natürlich auch in der Stimme spürbar.
Was mir an deinem Beitrag besonders gefällt, ist die Idee, an der eigenen Stimmung anzusetzen und umgekehrt die Stimme als Indikator für diese zu erkennen. Und – ich stimme euch zu, Natürlichkeit gewinnt!!